Bald ist es geschafft – bald bin ich fertig mit der Schule. Danach geht es wahrscheinlich an die Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) Landshut und ich werde einen Informatik Studiengang belegen. Die Voraussetzungen dafür wurden in den letzten Jahren mit dem Informatikunterricht an meiner Schule geschaffen. Obwohl der Unterrichtsstoff größtenteils interessant war, fehlen mir einige für mich wichtige Gebiete der Informatik, die im Unterricht nicht behandelt wurden.
… was bisher geschah
Mit dem Informatikunterricht wurde in der 6. Klasse begonnen. Soweit ich mich erinnern kann, stand damals die Textverarbeitung und die Objektorientierung im Vordergrund. Wie gehe ich mit einem Textverarbeitungsprogramm um? Was sind Objekte, Klassen und Attribute?
Doch vor allem bei letzterem Thema frage ich mich, warum wir das ausgerechnet in der 6. Klasse gelernt haben. Warum Objektorientierung, wenn man noch absolut keine Ahnung hat, dass man das später für die Programmierung in Java brauchen würde? Für uns war das Thema nur lästig und wir haben uns nach dem Sinn gefragt. Wir haben nicht verstanden, was es mit den Objekten und Klassen auf sich hat, und wozu wir die Attribute aus einem Absatz im Textverarbeitungsprogramm ablesen können müssen. Unzählige Arbeitsblätter haben wir beschriftet und ausgefüllt, ohne zu wissen, was wir eigentlich tun.
Für mich eindeutig verschwendete Zeit. Objektorientierung hat meiner Meinung nach nichts in der 6. Klasse zu suchen. Das Thema ist erst in der 10. (!) Klasse wieder wichtig geworden, als wir in Java programmiert haben. Erst dann haben wir verstanden, wozu wir uns in der 6. Klasse so gequält haben. Dumm nur, dass die Hälfte schon wieder vergessen war… ;)
Es wäre sinnvoller gewesen, die Objektorientierung erst in der 10. Klasse zu erlernen und zu verstehen. Dann hätten wir OO gleich in Java umsetzen können und Sinn und Zweck der Sache besser verstanden.
In der 7. Klasse waren dann die Programmierung von einfachen Websites in HTML und die Programierung des virtuellen Roboters “Karol” in einer Pseudo-Programmiersprache des Ziel. Der kleine Roboter konnte innerhalb eines 3-dimensionalen Raum bewegt werden, konnte Steine auf Feldern ablegen und diese Felder markieren. Karol konnte nicht viel, aber es reichte aus, um die Grundlagen der Programmierung, also einfache Kontrollstrukturen wie Wiederholungen und Bedingungen zu erlernen.
Der Informatikunterricht fand in der 8. Klasse nicht statt, aber in der 9. Klasse wurden wir schließlich schließlich mit SQL bekannt gemacht. Meine Mitschüler fanden SQL furchtbar langweilig und auch ich hatte nach einiger Zeit keinen Spaß mehr daran. Die Basics hatte ich davor schon privat erlernt, aber dennoch war viel neues dabei. Ein paar Wochen SQL wäre ja okay gewesen – aber so haben wir das ganze Jahr nichts anderes gemacht als SQL Abfragen für Datenbanken zu schreiben.
Die Java Programmierung in der 10. Klasse hat mir viel Spaß gemacht und sollte mich zwei weitere Jahre begleiten. Wir haben die Grundlagen erlernt und erste kleine Programme geschrieben – sogar mit einfacher GUI. Als Basis unserer Entwicklungsarbeit kam die Java IDE “BlueJ” zum Einsatz. Auch dieses Jahr wurde komplett mit der Programmierung in Java gefüllt.
Die Informatik der Oberstufe (ab der 11. Klasse) war ziemlich speziell und wir hatten kein einziges Mädchen mehr im Kurs. Unser Informatikkurs bestand nur mehr aus technikbegeisterten, jungen Männern, die mehr lernen wollten. Themen waren die Implementierung von diversen Datenstrukturen in Java (Sortierte Liste, unsortierte Liste, Binärbaum, Graph, …), Projektmanagement in der IT (Scrum) und eine Projektarbeit, in der wir als Team ein beliebiges Programm in Java umsetzen sollten. Insgesamt ein interessantes Jahr, in dem man viel gelernt hat, was für ein späteres Leben als Angestellter in der Informatikbranche von Bedeutung sein kann.
Jetzt bin ich in der 12. Klasse. Bisher waren die Themen: Formale Sprachen, deterministische und nicht-deterministische endliche Automaten sowie Protokolle, Client-Server Kommunikation und Multithreading. Die erkennenden Automaten, Client und Server wurden praktisch in Java umgesetzt. Ein sehr interessantes Jahr bisher.
… was mir noch fehlt
Obwohl ich im Laufe meiner Zeit am Gymnasium in Bayern bisher viel gelernt habe, gehen mir im Informatikunterricht einige Themen ab. So z.B. die Funktionsweise des Internets im Detail. Was passiert, wenn ich eine Website mit meinem Browser aufrufe? Alles, was man dazu lernt, ist, dass der Browser eine Anfrage über das HTTP Protokoll an einen Server schickt und dieser mit der Website antwortet. Das ist mir nicht genug.
Die Schüler sollen lernen, dass es nicht so einfach ist. Dass es ein DNS System gibt, dass es verschiedene Provider und Internetknoten gibt. Dass eine Anfrage über viele verschiedene Server geleitet wird, bis sie schließlich am Ziel ankommt, und dass Anfragen teilweise um den ganzen Globus gehen, bis sie ankommen. Das wird spätestens wichtig, wenn die Schüler einmal verstehen sollen, um was es bei Netzneutralität geht.
Ein anderer wichtiger Punkt wäre das Thema Datenschutz. Wir haben zwar hin und wieder mal gelernt, dass wir unsere Daten möglichst nicht in irgendwelchen Netzwerken angeben sollen, aber die Realität zeigt, dass sich daran niemand hält.
Es ist viel wichtiger, zu lernen, wie man verantwortungsvoll mit seinen Nutzerdaten umgeht. Nicht, dass es gefährlich ist, überhaupt Daten an andere weiterzugeben. Es ist meiner Meinung nach wichtig zu wissen, was mit personenbezogenen Daten bei großen Firmen passiert. Wie sie gespeichert werden, was gespeichert wird, wie sie miteinander kombiniert werden und so ein relativ detailliertes Bild eines Nutzers zeichnen können. Den Schülern sollten wertvolle Werkzeuge wie z.B. Anti-Tracking Tools vorgestellt werden oder andere Möglichkeiten, die eigene Privatsphäre zu bewahren.
Das Thema Kryptografie wird so gut wie gar nicht in der Schule behandelt. Das muss sich unbedingt ändern. Kryptografie ist die einzige Möglichkeit, persönliche Daten vor den Blicken anderer zu schützen. Den Schülern soll erklärt werden, das Verschlüsselung ist, wie die Grundlegend funktioniert, welche Technologien aktuell sind und welche Tools sie zum Verschlüsseln nutzen können. Ihnen soll erläutert werden, was passieren kann, wenn Persönliches in falsche Hände gerät.
Im Großen und ganzen sollen die Schüler im Informatikunterricht einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Computer und dem Internet erlernen. Damit meine ich nicht, dass sie zum 100. Mal erklärt bekommen, wie gefährlich es ist, mit fremden Menschen zu chatten. Ich will, dass sie wissen, was z.B. Facebook und Google mit ihren Daten anstellen und dass man sich dagegen wehren kann. Die Schüler sollen dann selbst abwägen können, ob sie ihre Daten an irgendeinen Dienst geben wollen und ob die erbrachte Gegenleistung es wert ist.
Auch das Urheberrecht im Internet wird vernachlässigt. Man könnte doch wenigstens für ein paar Unterrichtsstunden erklären, welche bekannten Lizenzen es gibt, wann man was wie nutzen darf. Es muss ja nicht unbedingt ins Detail gehen, aber ein grober Überblick darüber, was erlaubt ist und was nicht, gehört meiner Meinung nach einfach dazu. Viel zu oft werden Schüler abgemahnt, denen nicht klar war, dass dieser oder jener Download nicht legal oder ein bestimmtes Bild geschützt war.
Es ist zwar nicht schlecht, was wir im Informatikunterricht lernen, und vieles davon wichtig…
…aber in meinen Augen dürfen auch die Themen Datenschutz und Kryptografie nicht vernachlässigt werden.